Call for Papers: Ökonomie! Welche Ökonomie? (Wintertagung 2015 Linz)

Ökonomie! Welche Ökonomie?
Zu Stand und Status der Wirtschaftswissenschaften

Seit Beginn der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2007 steht auch die akademische Disziplin der Ökonomie in der Kritik. Dabei ist die Ökonomie nicht nur mit dem Vorwurf konfrontiert, man hätte die Entstehung der Krise sowie die ihr zugrundeliegenden mittel- bis langfristigen Entwicklungen nicht ausreichend beachtet und antizipiert. Vielmehr wird die Ökonomie ganz allgemein für ihren engen Denkstil kritisiert, der auf der Annahme rationalen, eigennützigen Verhaltens und effizienter Marktallokation beruht. Dieser Denkstil – so der Tenor der Kritik – erschwert dabei nicht nur das Erkennen systemischer, ökonomischer Probleme, sondern trägt auch auf verschiedenen Ebenen zu deren Entstehung bei. Und tatsächlich lässt sich im Kontext der Finanzkrise in unterschiedlichen Zusammenhängen ein signifikanter Einfluss ökonomischen Denkens feststellen. So beruhen etwa die Deregulierung der Finanzmärkte, die Einführung kurzfristiger Boni-Systeme im Bankwesen sowie die Kreation neuer Formen von Finanzanlagen oft auf Argumenten aus dem Bereich der ökonomischen Mainstreamtheorie.

Vor diesem Hintergrund versucht die 7. Wintertagung des Linzer Instituts für die Gesamtanalyse der Wirtschaft (www.icae.at) das tradierte Verständnis ökonomischer Wissenschaft in Frage zu stellen. Ziel der Tagung, die von 4.-5. Dezember 2015 in Linz stattfinden wird, ist es mögliche alternative Verständnisse und Herangehensweisen an eine „Wissenschaft von der Wirtschaft“ auszuloten und deren Erklärungskraft und Durchsetzungspotentiale kritisch zu durchleuchten. Der Schwerpunkt der Tagung liegt also auf der Frage einer möglichen Neuorientierung der ökonomischen Wissenschaft, die vor allem aus vier Perspektiven diskutiert werden soll:

  • Geschichte des ökonomischen Denkens: Welche Anhaltspunkte liefert die Geschichte der ökonomischen Theorie für eine mögliche Neuorientierung der ökonomischen Theorie? Welche „verborgenen Schätze“ der Theoriegeschichte könnten sich in diesem Kontext als besonders bedeutsam erweisen?
  • Ökonomisches Denken in den Sozialwissenschaften: Wie gehen andere Sozialwissenschaften vor dem Hintergrund der konzeptionellen Enge des standardökonomischen Denkens an die Beantwortung ökonomischer Fragestellungen heran? Welche Möglichkeiten und Potenziale für die Entwicklung und Verbreitung alternativer ökonomischer Ansätze finden sich in anderen wissenschaftlichen Disziplinen?
  • Wissenschaftssoziologie der Ökonomie: Wie ist es um die interne Organisation und Wandlungsfähigkeit des ökonomischen Feldes bestellt? Wie strukturiert sich die Disziplin der Ökonomie und wie wird innerhalb des ökonomischen Diskurses Macht und Aufmerksamkeit verteilt?
  • Ökonomie und Gesellschaft: Welchen Einfluss hat die Ökonomie auf soziale, politische und gesellschaftliche Entwicklungen? Inwieweit kommt es dabei zu einer Verselbstständigung standardökonomischer Denkfiguren und welche Wirkungen entfalten diese in akademischer Lehre, Politikberatung und öffentlicher Debatte?

Wir laden im Rahmen der Wintertagung des Instituts für die Gesamtanalyse zur Einreichung von Beitragsvorschlägen ein, die sich mit den oben genannten Fragestellungen aus verschiedenen Perspektiven befassen. Diese Einladung richtet sich vornehmlich an NachwuchswissenschaftlerInnen und Studierende im Doktorats-, Master- und Diplomstudium, die ihre Überlegungen zu den genannten Themenstellungen zur Diskussion stellen wollen.

Bei Interesse an der Einreichung eines Beitrags senden Sie bitte einen Abstract in deutscher oder englischer Sprache und einer Länge von etwa einer A4-Seite an jakob.kapeller@jku.at. Einreichungen werden bis 15. Oktober 2015 angenommen. Die Entscheidung über die Annahme und Ablehnung von Beitragsvorschlägen zur Wintertagung wird am 31. Oktober 2015 bekannt gegeben.

Date posted: July 6, 2015
Author:
No Comments »
Categories: Veranstaltungen

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *